JLID - Bedeutung der Ehre
Welches ist der richtige Lebensweg, den ein Mensch wählen soll? – Es ist jeder, der einem in den eigenen Augen und in den Augen der anderen Menschen Ehre verschafft. Sprüche der Väter Kapitel 2, Vers 1
Strebe nicht nach deinem eigenen Ruhm und nach deiner eigenen Ehre. Wichtiger als die Gelehrsamkeit ist das Tun. Strebe nicht nach dem Tisch der Mächtigen, denn dein Tisch ist besser als ihr Tisch, und deine Krone ist glanzvoller als ihre Krone. Sprüche der Väter Kapitel 6 Vers 5
Diese Texte scheinen einen interessanten Widerspruch aufzuwerfen. Rufen uns die Väter nun auf, nach Ehre zu streben oder sie zu verschmähen? Um dies zu verstehen, und um das Konzept der Ehre besser zu fassen, schauen wir ins Hebräische: Die Ehre, die laut 2:1 erstrebenswert ist, heißt Tiferet – wörtlich ist das ein Glanz, den der Ehrenhafte auf seine Umwelt ausstrahlt. Die Ehre, nach der laut 6:5 nicht zu streben sei, ist hingegen Kavod – Anerkennung, die wer sie besitzt unweigerlich von anderen erhalten haben muss.
Wenn Ehre als Tugend vielen heute überkommen erscheint, dann liegt das auch an einer Betonung der äußeren, man könnte sagen oberflächlichen, Ehre aus Anerkennung anderer. In der gesellschaftlichen Realität der Väter verdiente man sich solche Ehre am sichersten durch die arbeitsame, aber letztlich selbstbezogene Gelehrsamkeit, vor der der Vers warnt. Heute manifestiert das sich eher in Sozialstatus, Cool-Sein, Einfluss in sozialen Medien.
Vergessen wird dabei, dass Ehre ursprünglich etwas anderes meinte. Ehre bringt einem wohl auch Anerkennung ein, doch wenn jene zum Selbstzweck wird, verschafft das dem vermeintlich Ehrenhaften keinen Glanz in seinen eignen Augen und kann nicht der rechte Lebensweg sein. Moderne Philosophen würden sagen: Er ist nicht sein authentisches Selbst. Wenn er statt auf Kosten des eigenen Selbst nach Anerkennung zu streben aber in sich die Tugend der wirklichen Ehre kultiviert, dann glänzt er anderen wie ein Licht als Vorbild. Dies mag ihm auch Ruhm und Anerkennung in den Augen seiner Mitmenschen einbringen, doch ist dies keinesfalls garantiert. Seine Ehrenkrone aber ist die des richtigen Tuns, die besser ist als alle durch andere verliehene Autorität.
Schabbat Shalom! Ihre Isabelle Heinemann
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