Schabbat Shalom - 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Schabbat Shalom - 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

JLID - Durch deine große Liebe, Gott, betrete ich dein Haus

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Durch deine große Liebe, Gott, betrete ich dein Haus

Das Gebet ist kein gelegentlich anzuwendendes Mittel, nicht ein letzter Ausweg dann und wann. Es ist vielmehr ein fester Wohnsitz für das Innerste der Person. Alle Dinge haben eine Heimat: Der Vogel hat sein Nest, der Fuchs seinen Bau und die Bienen ihren Stock. Eine Seele ohne Gebet ist eine Seele ohne Heimat. … Denn was die Seele betrifft: Die Seele ist immer dort zuhause, wo Gebet ist. …

Abraham Joshua Heschel

Mein Name ist Dow, ich studiere derzeit Biologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und kommentiere den Text von Rabbiner Abraham Joshua Heschel.

VeAni berov chasdecha avo Beitecha eshtachave el heichal kedoshecha bejiratecha. Und Ich betrete, durch Deine sich ewig mehrende Liebe, dein Haus; Ich bücke mich ehrfürchtig vor deinem heiligen Tempel -Psalm 5:8.

Auf diesem Satz aus den Psalmen basiert Rabbiner Abraham Joshua Heschel seine Aussage über das Gebet und die Seele.

Das Gebet mag oft eine Erleichterung sein, oder auch einfach nur ein Ausspruch dessen, wonach man sich sehnt. Heschel sagt, es sei eine Heimat der Seele, ein Ort ohne Ort. Mehr ein Raum für das was sonst vergraben liegt, versteckt vor den Blicken und Gedanken anderer.

Es ist, wenn ich es so sagen kann, spannend über die Heimat zu sprechen in diesem Kontext. Das Gebet ist eines der Dinge, welches Jüd:innen in den vergangenen Jahrhunderten meist konstant gelassen haben, die Sprache ist dieselbe wie die meiner Urgroßväter, der Inhalt ist derselbe und der Zweck, die Opfergaben des nicht mehr vorhandenen Tempels zu ersetzen, ist auch derselbe.

Aber auch so wie die Heimat meines physischen Ichs sich ändert, so kann der Grund, ein Gebet zu sprechen sich auch ändern. Ein Gebet ist in seinen äußeren Strukturen immer mit auf Reisen, im Gebetshaus, im Herzen und in Gedanken. Leicht und handlich und doch schwer und tiefgründing.

Wenn ich meine Gebete spreche, so kann es mal einfach nur ein dahin gesagtes Mantra sein und mal kann es ein Erwachen meines Herzens sein, welches sich sehnt, gehört zu werden. Ich verstehe die Aussage von Heschel, recht simpel zu sein. Das Gebet ist nicht abhängig von dem, wo du bist oder wer du bist, wann du existierst oder wie du lebst. Das Gebet ist etwas, was du mitnimmst, wie die Lehren deiner Eltern, wie die Liebe zu deiner Umwelt und dir selbst.

Wie ich gesagt hatte, die Gründe, ein Gebet zu sprechen, sind sehr unterschiedlich. In der Synagoge zusammen mit dem Minyan (für mich definiert als Chorus bestehend aus 10 Männern über dem Alter von 13 Jahren) hat es meist den Hintergrund sich zu Versammeln und die Gemeinschaft zu stärken. Im eigenen Heim oft, so erscheint es mir, kann es ein Zufluchtsort sein, für die Gedanken, welche man versteckt hatte unter dem ganzen Holz, Eisen und Beton, das man gebraucht hat, um dieses Heim zu Bauen.

Für mich ist der Grund oft genug, nicht verstehen zu können, was mein Herz mir zuruft, denn ich habe meine Schutzmauern hoch gebaut, um das zu verteidigen was mir lieb ist. Um zu verstehen, was es ist, was mein Herz mir zuruft, muss ich durch die Spalten und Risse dieser Mauern schauen, die ich einst als Heimat meiner selbst gebaut habe.

Denn gehört zu werden, ist das, wonach ich mich sehne. Verstanden, gesehen und akzeptiert zu sein. Darum versuche ich zu hören, was es ist, dass meine Seele mag, die Welt gibt und die Liebe zum Nächsten erwärmt.

Die Heimat ist für mich schwer zu definieren, denn ich bin selbst nicht in Deutschland, sondern als Sohn ukrainischer Immigranten in Jerusalem geboren. Nach Deutschland als israelischer Staatsbürger gekommen. Auf dem Dorf sozialisiert, in Düsseldorf gewachsen und in Berlin mich gefunden.

Darum bin ich dankbar diesen Text vor mir zu haben, denn damit kann ich meine Heimat in den Worten meiner Tradition suchen, auf dem Boden, welchen ich mir nicht ausgesucht habe und zu mögen gelernt habe.

Shabbat Shalom Dow Glikman

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Über diesen Podcast

Die erste urkundliche Erwähnung jüdischen Lebens auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands stammt aus dem Jahr 321 n.Chr. – deswegen wird in diesem Jahr das Jubiläum begangen.

Jeden Freitag nehmen uns junge Jüdinnen und Juden dazu in diesem Podcast mit in die Welt des Judentums. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks, dem Begabtenförderungswerk der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland, teilen mit uns ihre Gedanken zum Schabbat und zum jüdischen Leben in Deutschland.

Auf der ganzen Welt ist für Jüdinnen und Juden der Schabbat der Ruhetag. Er beginnt am Freitag mit Sonnenuntergang und endet am Samstagabend. An diesem Tag kommen Familie und Freundinnen und Freunde zusammen, der Tag ist ganz der Ruhe gewidmet.

„Schabbat Shalom“ – „Einen friedlichen Schabbat“ – ist der traditionelle Gruß für Jüdinnen und Juden.

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