Schabbat Shalom - 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Schabbat Shalom - 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

JLID - Stell Dich auf diese Welt ein

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Stell Dich auf diese Welt ein

Alles, was in ihr (der Welt) geschieht, hat eine doppelte Beziehung, einmal auf „diese“ und dann auf die „kommende“ Welt. Dieses Beieinander der zwei Welten, dieser und jener, bestimmt alles. … Diese Spaltung durchdringt das ganze Leben, als Gegensatz von Heilig und Gemein, Sabbat und Werktag, „Thora und Weg der Erde“, Leben im Geist und im Geschäft. Franz Rosenzweig, Stern der Erlösung

In der jüdischen Tradition bezieht Heiligkeit ihr Wesen aus dem Akt der Separation. Zwischen der gewöhnlichen Werktagswoche und dem heiligen Ruhetag, dem Schabbat, zwischen der koscheren, das heißt für den Verzehr geeigneten Speise und der gewöhnlichen Nahrung, zwischen dem Hebräischen für das Gebet und der Alltagssprache zieht sich diese Trennlinie des sakralen und profanen.

Das Wort „kadosh“ (heilig) symbolisiert diesen Aspekt der Trennung schon etymologisch, weil es ursprünglich „für einen bestimmten Gebrauch bestimmt“ bedeutete. Es bezog sich dabei in erster Linie auf Beiträge, die für den Tempel bestimmt waren. Heiligkeit ist das, was abgesondert ist. Ein heiliger Anlass, Ort, Text oder Person werden über das Normale und Annehmbare herausgehoben.

Rashi kommentiert den ersten Vers der Parasha Kedoshim aus dem Buch Leviticus, die sich mit der Frage des Heiligen befasst, folgendermaßen: „‚Du sollst heilig sein‘ bedeutet, dass du getrennt sein sollst.“ Wenn wir heilig sein wollen, müssen wir uns einigen populären Trends widersetzen. Wir werden regelmäßig das Unheilige herausfiltern müssen. Die Idee der Heiligkeit ermutigt uns, im Wortsinne zu diskriminieren – zwischen koscher und nicht koscher, zwischen rein und unrein, zwischen Gut und Böse.

Auch andere religiöse Traditionen rufen zur Separation auf, um Heiligkeit zu erlangen. Wer heilig sein will, der suche sich einen Berggipfel abseits der allgemeinen Gesellschaft und meditiere dort. Der trenne sich vom Handel (z.B. indem er ein Armutsgelübde ablegt); der trenne sich von der üblichen Rede (man denke nur an das christliche oder buddhistische Schweigegelübde); der trenne sich von seinen eigenen körperlichen Bedürfnissen und Trieben (durch z.B. Fasten oder Zölibat).

Allgemein sind die jüdische Tradition und insbesondere das Buch Levitikus der Suche nach Heiligkeit inmitten der Gesellschaft mit all ihren Versuchungen und Unreinheiten gewidmet. Aber auch radikaler Separatismus hat einen Platz in unserer Tradition. Manche chassidischen Mystiker haben sich durch asketische Praktiken geheiligt. Einmal im Jahr für 25 Stunden an Jom Kippur leben viele Juden wie Mönche. Wir vermeiden Essen, Trinken, Handel, Baden, Salbung und Geschlechtsverkehr, um uns ausschließlich darauf zu konzentrieren, unsere Sünden zu bereuen und unser Leben auf eine neue Ebene der Heiligkeit zu heben.

Heiligkeit zieht Grenzen. Dies schneidet einige Dinge eindeutig ab, während andere Trennlinien flexibler oder ganz nach Belieben gezogen werden. Es gibt Momente im Leben, die wir „heilig“ nennen, weil wir sie als ganz anders und besonders erleben – jenseits des Alltäglichen. Grenzen markieren aber nicht nur Trennungs-, sondern auch Anknüpfungspunkte. Und das ist der zweite Aspekt der Heiligkeit: die Vereinigung, die erst durch die vorherige Separation vollzogen werden kann. Eine solche Vereinigung strebte der deutsche Rabbiner Samson Rafael Hirsch an. Weder die separate Heiligkeit für das profane gesellschaftliche Miteinander aufgeben zu müssen noch umgekehrt, das nannte er “Torah entlang des Wegs der Erde”, auf welchem die zwei Welten wie von Rosenzweig beschrieben beieinander schreiten.

Schabbat Schalom, Ihre Isabelle Heinemann

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Über diesen Podcast

Die erste urkundliche Erwähnung jüdischen Lebens auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands stammt aus dem Jahr 321 n.Chr. – deswegen wird in diesem Jahr das Jubiläum begangen.

Jeden Freitag nehmen uns junge Jüdinnen und Juden dazu in diesem Podcast mit in die Welt des Judentums. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks, dem Begabtenförderungswerk der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland, teilen mit uns ihre Gedanken zum Schabbat und zum jüdischen Leben in Deutschland.

Auf der ganzen Welt ist für Jüdinnen und Juden der Schabbat der Ruhetag. Er beginnt am Freitag mit Sonnenuntergang und endet am Samstagabend. An diesem Tag kommen Familie und Freundinnen und Freunde zusammen, der Tag ist ganz der Ruhe gewidmet.

„Schabbat Shalom“ – „Einen friedlichen Schabbat“ – ist der traditionelle Gruß für Jüdinnen und Juden.

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